Ehemaliger Mittelwald wird klimastabil
Der Abteilungsname Bauernschlag lässt es schon erahnen: Einst waren Mittelwälder typische Bauernwälder. Der Mittelwald als regional bevorzugte Waldbewirtschaftungsform früherer Zeiten lieferte Brenn- und Bauholz für die Dorfbewohner.
Im Bauernschlag kann man sehen, wie man einen solchen durchgewachsenen Eichenmittelwald fit für die Zukunft macht. Der Umbauprozess läuft hier schon seit fast 15 Jahren.
Ausgangssituation: Innige Mischung verschiedener Strukturen
In der Forsteinrichtung aus dem Jahr 2011 wird der Bauernschlag als Eichen-Buchen-Bestand mit Eichen-Hainbuchen-Nebenbestand mit mosaikartiger Bestandesstruktur beschrieben. Prägend sind der kleinflächige Wechsel von hochwertigen Alteichen, groben Starkbuchen und geringwertigen Eichen.
Mittelwald – einst das Patentrezept für Multifunktionalität
Entstanden ist der heutige Wald vermutlich in den Jahren 1844 bis 1959. Die große Altersspreitung von über 100 Jahren ist typisch für ehemalige Mittelwälder. Weil alle 10 bis 30 Jahre eine Nutzung des Unterholzes erfolgte und die Nutzung Anfang des 20. Jahrhunderts stückweise eingestellt wurde, besteht heute der große Altersunterschied.
Das Unterholz wurde früher als Brennholz genutzt, denn Holz war damals das wichtigste Heizmaterial. Weil aber auch Bauholz benötigt wurde, wurden einzelne Bäume nach einem ausgeklügelten Plan, stehen gelassen. Diese sogenannten „Lassreitel“, vorgesehen für den späteren Hausbau, waren oft Kernwüchse, also aus Samen entstandene Bäume.
Ab Mitte des 20. Jahrhunderts wurde versucht ehemalige Mittelwälder in hochwaldähnliche Strukturen zu überführen. Sofern die strukturellen Gegebenheiten dies überhaupt zuließen, denn auf erheblicher Fläche waren die früheren Mittelwälder wegen der Brennholznot ausgeplündert und bestanden nur noch aus Sträuchern und Krüppeleichen.
Eiche – die typische Mittelwaldbaumart
Mittelwälder sind eng mit der Baumart Eiche verbunden. Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen wegen dem dauerhaften Holz, zum anderen wegen den Eicheln, die von den Hausschweinen gefressen wurden. Insbesondere aber wegen der Fähigkeit der Eichen Stockausschläge zu bilden. Stockausschlag ist das Gegenstück zum Kernwuchs und bedeutet, dass aus einem abgesägten Baumstumpf neue Triebe hervor gehen. Damit wächst aus der alten Wurzel ein neuer Baum. In ehemaligen Mittelwälder sind die heute sichtbaren Bäume daher oft deutlich jünger als ihre unterirdischen Wurzeln.
Junge Bäume mit alter Wurzel – Vor- und Nachteil zugleich
Weil ein ausgeprägtes Wurzelsystem schon vorhanden ist, wachsen Stockausschläge in den ersten Jahren deutlich schneller als Kernwüchse. Während das schnelle Jugendwachstum für die Brennholzproduktion ideal ist, wird die immer älter werdende Wurzel stetig anfälliger: Mit steigendem Alter werden die Wurzeln bevorzugt von holzzersetzenden Pilzen befallen. Dadurch nimmt die Feinwurzelmasse ab und die Wurzel verliert an Leistungsfähigkeit. Weil zunächst nur eine farbliche Veränderung (Rotfärbung) im inneren Holz auftritt, ist der Befall von außen unsichtbar. Mit fortschreitender Zeit und Zersetzung breitet sich der Pilz von der Wurzel auch in den Stamm aus. Das Holz wird dann weich und ist gewerblich nicht mehr zu verwerten. Dann kommt es vor, dass der Pilz sogar äußerlich sichtbare Fruchtkörper am Wurzelstock bildet.
Gefährdung durch Trockenheit und Insekten
Die Extremjahre 2003, 2015 und 2018 bis 2020 verursachten im Bauernschlag Schäden an fast allen Baumarten. Am deutlichsten zeichneten die Rotbuchen. Aber auch die Eichen sind geschädigt. Wegen den alten Wurzeln ist die Regenerationskraft eingeschränkt. Wenn altersschwache Wurzeln von der Dürre geschwächt werden und starker Insektenbefall auftritt, können sich beginnend mit einzelnen abgestorbenen Bäumen ganze Waldbestände allmählich auflösen.
Wenn einzelne Bäume absterben, heizt sich das Waldinnenklima weiter auf, wovon die Insekten wegen der kürzeren Entwicklungsdauer zusätzlich profitieren. Sie können dann weitere Bäume befallen und es beginnt eine Abwärtsspirale. Um diese einsetzende Negativentwicklung, die im Bauernschlag bereits begonnen hatte, zu beenden, musste der Bestand dringend umgebaut werden.
Stabilisierung der besonders gefährdeten Bestandesteile
Grundsätzlich sollten die ökonomisch und ökologisch wertvollen Eichen erhalten werden. Dort wo aber die Altbäume stark geschädigt waren, musste eine neue Waldgeneration ihren Platz einnehmen. Daher wurden, etwa seit dem Jahr 2005 in Bereichen mit hoffnungslos kränkelnden Eichen, gezielte Verjüngungsmaßnahmen begonnen.
Holznutzung und Waldnaturschutz – Widersprüchliche Interessen sinnvoll vereint
Für den Holzverkauf sind besonders jene Eichen mit glattem Schaft, möglichst ohne eingewachsene Äste wertvoll. Dagegen sind für den Waldnaturschutz vor allem Bäume mit Faulstellen und abgebrochenen Ästen sehr nützlich, weil hier Spechte Höhlen zimmern können oder seltene Tierarten, wie z.B. die Mopsfledermaus, Unterschlupf finden.
Der Strukturreichtum im Bauernschlag zeigt, dass sich Holznutzung und Waldnaturschutz gegenseitig nicht ausschließen. Denn auch in der Vergangenheit wurde immer wieder Holz geerntet, ohne dass die wertvollen Biotopstrukturen verloren gingen.
Bis zur klimastabilen Verjüngung, ist es ein steiniger Weg
Um das Ziel „klimastabiler Eichenmischbestand“ zu erreichen, bedurfte der stetigen sorgsamen Steuerung durch den zuständigen Revierleiter Bernd Müller vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt. Auf Müllers Initiative wurden Zäune gebaut und zahlreiche Mischbaumarten von den Mitarbeitern des Euerbacher Bauhofs hinzu gepflanzt. Aufgrund der jagdlichen Situation musste jede einzelne Pflanze außerhalb der Zäune mit kostenintensiven Einzelschutzmaßnahmen versehen werden.
Auf großer Fläche konnte sich eine Eichen- und stellenweise auch Hainbuchen- und Edellaubholzverjüngung entwickeln. Bereiche, die sich von den Vorschäden erholen konnten, sowie die Biotopbäume, sind bis heute unangetastet.
Im Ergebnis finden sich heute bis zu 10 Baumarten in der Verjüngung: Neben Eiche, Rotbuche, Hainbuche, Winterlinde, Sommerlinde, Bergahorn, Spitzahorn und Feldahorn auch einzelne Elsbeeren und Esskastanien.
Durch Müllers Überzeugung so viele Baumarten wie standörtlich möglich und sinnvoll auf die Fläche zu bringen, wird aus dem ehemals anfälligen Bestand ein zukunftsstabiler Klimawald.
Lageplan und Anfahrtbeschreibung
Von der B 303 in Fahrtrichtung Rütschenhausen nach der Ortschaft Sömmersdorf, noch vor der Abzweigung nach Brebersdorf, links in den Wald abbiegen. Die Waldeinfahrt bietet genügend Platz um das Auto stehen zu lassen, der Bestand kann gut zu Fuß erreicht werden.
Lageplan - BayernAtlas