Fachpraxis für Jugendliche
Mit der Sekundarstufe I auf den Bauernhof
Wenn eine 7. Klasse zur Exkursion auf den Bauernhof fährt, dann könnte man als Lehrkraft befürchten, viel Aufwand und vor allem Stress mit störenden Schülern oder Schülerinnen kommt auf einen zu.
Im Alter zwischen 12 und 14 gehen die Interessen stark auseinander, ebenso die Körpergröße. Im ersten Moment scheint unsere Kulturlandschaft oder das Arbeiten auf einem landwirtschaftlichen Betrieb sehr weit weg für die Jugendlichen. Es wäre vielleicht auch peinlich, hierfür Interesse zu zeigen. Beim Besuch der Realschule Schonungen auf dem Siebenäckerhof in Niederwerrn im Juli 2023 entwickelte sich das anders...
Gemeinsam bilden und erziehen
Zwei 7. Klassen wurden erwartet. Sie kamen mit dem Bus und wurden im Hof in 4 Kleingruppen aufgeteilt. Herr Böhm begrüßte seine Gäste und stellte sich als der Landwirt am Hof vor. Vielleicht waren sie überrascht, dass ein so junger Mann ihnen da gegenüberstand. Vielleicht überzeugte sie auch seine authentische Art. Jedenfalls hörten sie ihm zu.
"Im Lehrplan gibt es etliche Themen, die sich am Beispiel eines solchen Betriebes praxisnah vermitteln lassen. Das geht quer durch die Fächer von Deutsch über Biologie zu Mathematik oder Betriebswirtschaft und Recht."
Herr Kunath, Klassenlehrer
Der Wert des Lebens
In diesem Alter ist Fachpraxis sehr gefragt. Denn jetzt kommen die Jugendlichen im Unterricht und zum Teil auch privat sehr intensiv in Berührung mit den Fragen nach dem Wert des Lebens. Gerade jetzt ist es ihnen wichtig zu wissen, wie der Lebensmittelkreislauf funktioniert, ob Tiere artgerecht gehalten werden, mit welcher Ernährungsform sie sich am ehesten identifizieren können. Auf diese Fragen finden sie zu Hause oft keine zufriedenstellenden Antworten mehr, und theoretische Vorstellungen können sehr lebensfremd sein.
Taten zählen
In der Praxis sah das Erlebnis-Programm für die Realschule Schonungen verschiedene Stationen vor, an denen aktiv geforscht und gelernt wurde: die erstaunliche Biodiversität in unseren Wiesen und Hecken, Bedürfnisse und Haltungsformen bei Hühnern, Erfühlen der Bodenqualität und Erproben der Wasseraufnahmebereitschaft verschiedener Flächen.
Der pädagogische Mehrwert für die Sek I
"Mir hat das sehr gut gefallen und ich denke, dass wir die Theorie-Praxis-Verknüpfung mit jedem Jahr erweitern können."
Frau Troidl, Klassenlehrerin
Das Erlebnisprogramm beginnt mit der emotionalen Anknüpfung: ein authentischer Mensch wie Herr Böhm, als junger Familienvater in der Landwirtschaft, frische Luft, ländliche Stille auf dem Hof, beruhigende Geräusche von Tieren wie das Scharren von Hühnern im Sand. Darauf folgen technische oder finanzielle Fragen, auch menschliche Sorgen und Probleme, ethische Ziele, politische Ideen usw. Die Kinder setzen sich letztlich auf ganzer Ebene mit den aktuellen Herausforderungen der Klimaanpassung und Energiewende auseinander. Robin Kunath, Klassenlehrer der 7c und Fachlehrer für Biologie und Geschichte sagte dazu: "Im Lehrplan gibt es in verschiedenen Fächern etliche Themen, die sich am Beispiel eines solchen Betriebes praxisnah vermitteln lassen. Das geht quer durch die Fächer von Deutsch über Biologie zu Mathematik oder Betriebswirtschaft und Recht." Herr Kunath hatte sich für den Hofbesuch mit seiner Klasse der Kollegin Frau Troidl angeschlossen. Sie hatte den Besuch mit Frau Lenhart organisiert.
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Erlebnis Bauernhof
Mit dem Programm Erlebnis Bauernhof dürfen Schulklassen einmal in der Grundschulzeit und ein zweites Mal in der Sekundarstufe kostenlos einen Bauernhof besuchen. Die finanzielle Förderung trägt der Freistaat Bayern für die Betriebe. Im Anschluss können verschiedene Lernzirkel mit Praxismaterialien zu landwirtschaftlichen Themen ausgeliehen werden. Unsere Kollegen vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bauen diese auf Anfrage in der Schule auf und erklären die Anwendung.
Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten fördern weitere Standbeine
Die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterstützen darum Betriebe dabei, sich neben der klassischen Nahrungsmittelproduktion diverser aufzustellen. Um die Existenz langfristig zu sichern, ist es sinnvoll, seinen Betrieb weiterzuentwickeln. Mehr als 66 Prozent der bayerischen Bauernfamilien setzen bereits auf Alternativen zur klassischen Landwirtschaft, denn hier sind den Betriebsleitern wegen knapper Ressourcen oft Grenzen gesetzt.
Landwirte in Bayern leisten zentrale Beiträge für die Allgemeinheit.
- Sicherung der Lebensmittelversorgung - u. a. durch Direktvermarktung auf dem Bauernhof
- Sicherung der Energieversorgung - z. B. durch Biogasanlagen
- Schulbildung der Kinder - z. B. als Lernort Bauernhof
- Bildung der Gesamtbevölkerung - als Erlebnis Bauernhof, durch qualifizierte Kräuterpädagogen, Gartenbäuerinnen, Gästeführer (Weinerlebnis Franken, Weindozenten)
- Gesundheitsfürsorge - z. B. durch Hauswirtschaftliche Fachservices, Referentinnen für Hauswirtschaft und Ernährung
- Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Pluralität - z. B. durch Soziale Landwirtschaft
Soziale Landwirtschaft beinhaltet u. a. sozialpädagogische Initiativen wie Schul- und Kindergartenbauernhöfe. Sie bedeutet Teilhabe, d. h. den landwirtschaftlichen Betrieb auch als soziale Stätte mitten in der Gesellschaft zu begreifen und zu nutzen. Sie richtet sich darum an die Allgemeinheit genauso wie an Menschen mit besonderen (sozialen) Bedürfnissen, zum Beispiel von Menschen mit körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen, sozial schwächer gestellten Menschen, straffällig gewordenen Jugendlicher und der großen Gruppe aktiver Senioren.